Zusammenarbeit Armutsbetroffener mit dem Sozialdienst in der Covid-19-Pandemie

Foto: istock: recep-bg

Für Armutsbetroffene hat sich die Zusammenarbeit mit den Sozialdiensten mit der Covid-19-Pandemie über Nacht verändert. Eine Befragung von armutsbetroffenen Personen zeigt, dass die daraus entstandene individuelle Gestaltung der Kontaktaufnahme sehr geschätzt wurde. Diese sollte auch in Zukunft beibehalten werden.

Die von der Regierung beschlossenen Massnahmen zur Pandemiebekämpfung in den Jahren 2020 und 2021 hatten auch Auswirkungen auf das Verhältnis von armutsbetroffenen Personen und Sozialdiensten. Über Nacht war es nur noch beschränkt oder gar nicht mehr möglich, Arbeitsintegrationsprogramme und persönliche Beratungen in Anspruch zu nehmen. Die Kontaktaufnahme zwischen armutsbetroffenen Personen und Sozialarbeitenden musste – Notfälle ausgenommen – meist schriftlich via Brief, per E-Mail teilweise via Online-Beratung oder mündlich via Telefon erfolgen. Eine erste Befragung von Fachpersonen aus dem Jahr 2020 zeigt, dass sie unsicher waren, ob unter diesen Umständen eine bedarfsorientierte Unterstützung für die armutsbetroffenen Personen möglich sei. Diese Umstellung der Kontaktaufnahme erforderte von den armutsbetroffenen Personen sowie von den Sozialarbeitenden Flexibilität und Vertrauen. Im Sommer 2021 befragte die Berner Fachhochschule telefonisch dreizehn Armutsbetroffene einer grösseren Agglomerationsgemeinde über die mit der Pandemie einhergehenden Veränderungen in der Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitenden.

Kontakt mit dem Sozialdienst

Die Befragten gaben trotz des zeitweisen Abbaus des persönlichen Kontakts mit den Sozialarbeitenden an, dass die Kontakthäufigkeit während der Covid-19-Pandemie für sie ausreichend war. Auch betreffend Kontaktform schätzten die Armutsbetroffenen die Möglichkeit der Kontaktaufnahme via Telefon oder E-Mail. Sie gaben an, diese Formen bereits vor der Pandemie bei Fragen und Anliegen vereinzelt genutzt zu haben. Die interviewten Personen wollen diese Möglichkeiten gerne beibehalten und je nach Bedarf und individueller Situation nutzen. In den Telefoninterviews wurde zudem immer wieder betont, dass die Gestaltung der Beratungssettings während der Pandemie sehr individuell und wertschätzend erlebt wurde.

Herausforderungen in der Zusammenarbeit

Die interviewten Armutsbetroffenen berichteten jedoch von einer spürbaren Anspannung und Stress bei den Sozialarbeitenden, knapperer Zeit für die individuelle Beratung und wechselnden Ansprechpersonen. Dies empfanden sie als Herausforderung: eine konstante Ansprechperson sei wichtig für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, das eine individuelle situationsabhängige, bedarfsorientierte, zielgerichtete Beratung erst ermögliche.

Wahrgenommene Unterstützung

Die Armutsbetroffenen hoben die gute Unterstützung des Sozialdienstes betreffend individueller Anliegen während der Pandemie in den Gesprächen hervor. Die Interviewten fühlen sich von den Sozialarbeitenden in ihren Anliegen ernst genommen und schätzen die Unterstützung bei der Verwirklichung von Absichten und Zielen in unterschiedlichen Themenbereichen, u. a. Finanzen, Gesundheit, Jobfragen, Gestaltung der Kinderbetreuung und Homeschooling. Die Befragten schätzen dabei auch, dass relevante Informationen frühzeitig und schriftlich zur Verfügung stehen.

Perspektive für die Zukunft

Besonders zu Beginn löste die Pandemie eine grosse Unsicherheit in der Bevölkerung aus. Die Ergebnisse der Befragung zeigen jedoch, dass die interviewten Armutsbetroffenen sich in der veränderten Beratungssituation gut zurechtfanden. Neben den weitergeführten Zahlungen der Sozialhilfe war die individuelle Gestaltung der Kontaktaufnahme dafür besonders ausschlaggebend. Es wäre daher ratsam, dies auch in Zukunft beizubehalten.

 


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