Zuhause alt werden: Was Wohnungsanbieter tun können

Foto: istock.com/DeanMitchell

Möglichst lange und selbstbestimmt daheim wohnen, wer möchte das nicht? Nicht zuletzt aus Kostengründen wurde dieser Wunsch zu einem wichtigen Ziel der Alterspolitik. Um hierzu passende Wohnsituationen bereitzustellen, spielt die Wohnungswirtschaft eine zentrale Rolle – und es braucht neue Formen der Zusammenarbeit mit kommunalen und sozialen Akteuren.

Selbstbestimmtes Wohnen im Alter bedeutet, die eigenen Ressourcen einzubringen, zu nutzen und sich ein eigenes Zuhause zu schaffen. Ein Ort, an dem man sich wohl, sicher und geborgen fühlt. Und eine Umgebung, die es ermöglicht, soziale Kontakte zu leben und sinnstiftenden Aktivitäten nachzugehen. Damit «zuhause alt werden» für alle möglich wird, muss aber eine Reihe von Voraussetzungen gegeben sein. Es braucht nicht nur hindernisfreie, bezahlbare Wohnungen und altersfreundliche Wohnumgebungen. Ebenfalls notwendig sind ambulante Dienstleistungen, Netzwerke und Technologien, die ältere Menschen in ihren Bedürfnissen unterstützen und auch finanzierbar sind.

Möglichst lange im Privathaushalt wohnen, das wollen die meisten älteren InterviewpartnerInnen. © Angela Birrer, ETH Wohnforum

Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure notwendig

Bis diese Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es noch einiges zu tun. Gerade im höheren Alter wohnen immer mehr Menschen allein und ohne Angehörige in der Nähe. Daher braucht es neue Sorgekulturen, denn im Gegensatz zur ambulanten Pflege ist die Betreuung zuhause bislang nicht reguliert, der Zugang zu entsprechenden Angeboten nicht überall gewährleistet und die Finanzierung nicht für alle sichergestellt. Angesichts der demografischen Alterung fehlt es auch an genügend angemessenen, bezahlbaren Wohnungen für ältere Personen.

Damit die Wohnqualität zuhause auch für Menschen im fragilen Alter gegeben ist, müssen die Schnittstellen zwischen verschiedenen AkteurInnen aufeinander abgestimmt sein. Wohnungs- und Dienstleistungsanbietende, die öffentliche Hand, lokale Organisationen und die Zivilgesellschaft müssen sich vernetzen und zusammenwirken. Dabei geht es auch darum, sich auf die Handlungslogiken anderer einzulassen.

Im Rahmen des Innosuisse-Projekts «Zuhause alt werden» setzte sich das ETH Wohnforum zusammen mit der Age-Stiftung, dem Bereich Alter der Stadt Schaffhausen sowie fünf Partnern aus der Wohnungswirtschaft mit der Frage auseinander, was Wohnungsanbieter tun können, um ältere Menschen beim Wohnen zuhause zu unterstützen. Im Rahmen von Fallstudien und Pilotprojekten wurden mit Umsetzungspartnern verschiedene konkrete Handlungsmöglichkeiten erarbeitet und erprobt.

Die passende Hardware bereitstellen

Für Personen mit Mobilitätseinschränkungen erschweren in vielen bestehenden Liegenschaften Treppen, Badewannen oder schmale Türen den Wohnalltag. Wenn bei Umbauten oder Sanierungen daher konsequent auf Hindernisfreiheit geachtet wird, ist viel gewonnen. Ist dies baustrukturell nicht möglich, sind kleinere Anpassungen in Wohnung und Haus – z.B. Haltegriffe, Handläufe, Rampen und Schwellenkeile – eine sinnvolle Alternative.

Laut Neurentenstatistik des Bundesamts für Statistik liegt der Median der Neurenten bei 3476 CHF pro Monat (AHV und BV; 3877 CHF für Männer und 2925 CHF für Frauen). Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum nimmt stetig zu und Wohnungsanbieter sind daher gefordert, entsprechende Angebote zu schaffen und beizubehalten.

Gerade in angespannten Wohnungsmärkten ist es für ältere Menschen, die umziehen wollen oder umziehen müssen, äusserst schwierig, Zugang zu passendem Wohnraum zu finden. Hier können Wohnungsanbieter Hand reichen, indem sie ältere Wohnungssuchende unterstützen, ihnen gegebenenfalls auch einen Wohnungswechsel innerhalb des eigenen Immobilienbestandes ermöglichen oder indem sie Raum für gemeinschaftliche Wohnprojekte zur Verfügung stellen.

Die Software ist ebenso wichtig

Gute Kontakte im Wohnumfeld und kleine Handreichungen können den Wohnalltag zuhause erheblich erleichtern. Gerade im gemeinnützigen Sektor unterstützen verschiedene Wohnungsanbieter bereits heute Initiativen, um Nachbarschaften zu stärken und Alltagshilfen vor Ort zu ermöglichen. Sei es, indem sie Hauswartpersonen Zeit für die MieterInnen-Betreuung einräumen, oder indem sie mit Freiwilligen, sozialen Ansprechpersonen oder Anbietern der Gemeinwesenarbeit zusammenarbeiten, die sich gezielt um ältere oder hochaltrige Mietende kümmern.

Um den Wohnalltag zuhause zu erleichtern, können Wohnungsanbieter zusätzliche Dienstleistungen bereitstellen. Dazu zählen Serviceangebote wie individuell bestellbare Wohnungs- und Fensterreinigungen, Wäsche- und Bügeldienste, administrative oder IT-Hilfen. Ebenfalls dazu gehört die Installation von intelligenten Haustechnologien und Notrufsystemen.

Abschlussworkshop zum Innosuisse-Projekt mit VertreterInnen aus Wohnungswirtschaft, sozialen und Altersorganisationen sowie der öffentlichen Hand. ©Tino Schlinzig, ETH Wohnforum

Eine gemeinsame Aufgabe

Das Projekt «Zuhause alt werden» arbeitete heraus, wie Wohnungsanbieter die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten konkret umsetzen und miteinander kombinieren können, welcher Nutzen sich daraus ergibt und welche Erfolgsfaktoren und Risiken bestehen. Ein entscheidender Fokus lag dabei auf der Frage, welche Art der Zusammenarbeit sich mit welchen Akteuren anbietet.

Die dargelegten Massnahmen gehen oft weit über den klassischen Aufgabenbereich der EigentümerInnen oder Bewirtschaftungen hinaus und erfordern weitere Kompetenzen. Organisationen und Dienstleister im Altersbereich sowie Gemeinden können hier einen wesentlichen Beitrag leisten, indem sie sich an den Massnahmen beteiligen. Dies liegt auch in ihrem Interesse, denn die Schaffung besserer Wohnsituationen für ältere Personen verzögert oder vermeidet gar Heimeintritte.

Immobilienwirtschaft und soziale Organisationen sind jedoch verschiedene Welten. Für die Zusammenarbeit müssen oft institutionelle Hürden und gegenseitige Vorurteile abgebaut werden, was eine anspruchsvolle und anstrengende Aufgabe darstellt. Mit dem Projekt «Zuhause alt werden» wurde aufgezeigt, dass sich dieser Effort lohnt und alle davon profitieren, wenn die Herausforderungen gemeinsam angegangen werden.

 


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