Wie wirken Integrationsprogramme?

Die Wirksamkeit von Integrationsangeboten wird in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Denn häufig wird deren Erfolg allein über die Vermittlungsquote in den Arbeitsmarkt gemessen. Auswirkungen auf Faktoren wie die soziale Integration oder die persönliche Lebenssituation werden ausgeblendet. Das BFH-Zentrum Soziale Sicherheit hat nun ein Messinstrument entwickelt, um diesen Missstand zu beheben.

Seit den 1990er-Jahren gewann der Grundsatz, dass Sozialhilfebeziehende wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden müssen, in der Schweiz stark an Bedeutung. Die Wirksamkeit der eingesetzten Angebote zur beruflichen und sozialen Integration ist jedoch umstritten. Gewisse Studien kommen gar zum Schluss, dass die Wirkung von Integrationsprogrammen gleich Null sei.

Um die Wirkungen von Integrationsprogrammen in der Sozialhilfe systematisch zu untersuchen, hat das BFH-Zentrum Soziale Sicherheit nun ein umfassendes Wirkungsmodell erarbeitet. Denn um beurteilen zu können, ob und in welchem Ausmass ein Integrationsangebot eine Wirkung entfaltet, müssen auch die unterschiedlichen Voraussetzungen der Teilnehmenden betrachtet werden.

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Die Situation vor dem Integrationsangebot

Neben den üblichen Merkmalen wie Alter, Geschlecht oder Nationalität nimmt der neue BFH-Ansatz eine ganze Reihe weiterer Faktoren auf: Wie lange ist die Person bereits arbeitslos? Wie sieht die finanzielle Situation aus, gibt es Löcher in der Ausbildung? Welche sozialen Beziehungen pflegt die Person und wie steht es um die physische und psychische Gesundheit?

Die Situation nach dem Integrationsangebot

Zu den wichtigsten Leistungen von Integrationsprogrammen gehören Arbeitseinsätze, daneben kommen vor allem Coachings und Weiterbildungen zum Einsatz. Um die Wirkung dieser Angebote zu messen, wird in der Regel geprüft, ob die Person danach einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz gefunden hat und ob sie nicht mehr auf Sozialhilfe angewiesen ist. Dies sind zwar zentrale Punkte, jedoch spielen bei Integrationsprogrammen für Sozialhilfebeziehende andere Faktoren eine ebenso wichtige Rolle. Dazu zählen die Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit, die Stärkung von sozialen Beziehungen, Änderungen beim Gesundheitsverhalten oder das Aufrechterhalten einer Tagesstruktur.

Um diese Faktoren beurteilen zu können, werden die Teilnehmenden beim neuen BFH-Ansatz zu drei Zeitpunkten mit dem standardisierten Messinstrument befragt: ein erstes Mal beim Programmeintritt, ein zweites Mal beim Austritt aus dem Programm und ein Jahr nach Absolvierung des Programms ein drittes Mal. Dadurch können auch mittelfristige Integrationswirkungen erhoben werden, was bei vielen Beurteilungen vergessen geht.

Externe Einflüsse

Ob Integrationsprogramme Wirkungen entfalten oder nicht, hängt nicht zuletzt auch von kaum beeinflussbaren Rahmenbedingungen wie etwa dem Arbeitsmarkt oder der regionalen Wirtschaftslage und -struktur ab. Ebenfalls eine Rolle spielen Veränderungen in der Biografie der Programmteilnehmenden, wie die Geburt eines Kindes, Heirat oder ein Todesfall in der Familie. Diesen Einflüssen versucht der BFH-Ansatz ebenfalls gerecht zu werden.

Nutzen für die Praxis

Das Wirkungsmodell des BFH-Zentrums Soziale Sicherheit liefert dadurch nicht nur ein detaillierteres Bild von Verläufen der Sozialhilfe, die für die Berichterstattung zuhanden von  Geldgebern, Politik und Öffentlichkeit genutzt werden können. Aufgrund der Ergebnisse können untersuchte Integrationsprogramme auch laufend angepasst, auf spezifische Klientengruppen zugeschnitten und zielgerichteter eingesetzt werden. Dies kommt den Sozialhilfeempfangenden zugute und führt zu einem effizienten Einsatz der finanziellen Ressourcen.

 


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