Wie uns Metaphern in der Organisationsentwicklung helfen

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Illustration: Oliver Slappnig

Wenn Organisationen lebendig und wirkungsvoll bleiben wollen, kommen sie nicht darum herum, sich dem Wandel zu stellen und ihn als Teil ihrer Aktivität zu begrüssen. In Schlüsselmomenten können Metaphern helfen, die Chancen zu erkennen und im Sinne des Veränderungsprozesses zu nutzen.

Schlüsselmomente im Veränderungsmanagement können – klug genutzt – Anlass sein, um Entscheide anzupassen, Ressourcen neu zu verteilen oder sich Neues zu eigen zu machen. Tiermetaphern können hier die Situationen oder Stimmungen in Change-Prozessen eingängig veranschaulichen. Dies zeigen Schlüsselmomente von Veränderungsprozessen in sozialen Organisationen, welche die Berner Fachhochschule begleitet hat. Wie ein Kamel, ein Elefant oder Löwen die Entwicklung voranbringen können, zeigen die folgenden Beispiele aus Projekten, die entweder bereits erfolgreich abgeschlossenen wurden oder kurz vor Abschluss stehen.

Das Kamel muss durchs Nadelöhr

Über die Jahre entwickelte sich das Integrationsangebot eines Hilfswerks zu einer gefragten Dienstleistung. Die Strukturen, Abläufe und Herangehensweisen der Mitarbeitenden verblieben jedoch in der Hilfswerk-Logik: Die helfenden, unterstützenden und integrierenden Aspekte wurden hervorgestrichen und viel Zeit in sie investiert. Die Führung verlangte mittelfristig aber eine kostendeckende Dienstleistung. Eigentlich war klar, was passieren musste: Die Dienstleistung musste marktgerechter organisiert und erbracht werden und die Hilfswerkaspekte mussten eher in den Hintergrund treten. Verständlicherweise ging dieses Kamel jedoch nicht gerne und nicht freiwillig durchs Nadelöhr. Anlässlich einer Standortbeurteilung wurde klar, dass dies ein Schlüsselmoment darstellte: Um eine Marktorientierung im Bereich einzuführen, brauchte es eine rasche und zielgerichtete Reorganisation des gesamten Bereiches, inklusive Neuausschreibung aller Stellen. Seit der Reorganisation kann die Dienstleistung kostendeckend erbracht werden.

Der Elefant im Raum

Da die Geschäftsstelle eines Verbandes stark gewachsen war, wurde aus verschiedenen Gründen eine strukturelle und kulturelle Anpassung der Organisation notwendig. Angestrebt wurde eine agile Netzwerkorganisation, die Führungsaufgaben sollten auf mehrere Schultern verteilt und die Verantwortungen einzelnen Rollen übergeben werden. Die Denkweise auf der Geschäftsstelle änderte sich und die neue Arbeitsaufteilung schritt voran. Die Nahtstelle zur strategischen Führung erwies sich jedoch zunehmend als hinderlich. Es dauerte mehrere Monate, bis an einer gemeinsamen Sitzung klar wurde, warum das Ganze nicht vorwärts ging: Die strategische Führung war sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht einig, welche Verantwortungen und Rollen sie eigentlich einnehmen möchte. Erst mit der Benennung des Elefanten im Raum konnte mit der strategischen Führung konkret über das angestrebte Führungsverständnis im Verband gesprochen werden.

Die Schildkröte und der Hase

Obwohl ein kleiner Sozialdienst über die Jahre gewachsen war, wurden die informellen Abläufe in den Leistungsbereichen mehrheitlich beibehalten. Nach Pensionierungen und Fluktuationen stand der Sozialdienst am Rande der Überlastung, weil die wenigsten Abläufe schriftlich festgehalten worden waren und das Wissen mit den Weggängen abfloss. Obwohl man andere Gemeinden hätte kopieren können und das Tagesgeschäft drängte, wurde unter Einbezug von Kaderpersonen und ausgewählten Mitarbeitenden von Grund auf ein neues Prozessmanagement entwickelt und eingeführt. Denn die Analogie der Schildkröte und des Hasen lehrt uns, dass bei Veränderungen ein langsamer und stetiger Ansatz eher zum Erfolg führt. Worauf uns die Fabel jedoch nicht vorbereitete: Während es dem eine, personell stabilen Team zu langsam vorwärts ging, ächzten die anderen zuweilen unter dem Entwicklungstempo. Bei unterschiedlich aufgestellten Organisationseinheiten sollte man daher die Geschwindigkeit des Veränderungsprozess womöglich ausbalancieren, sprich manchmal den Hasen, manchmal die Schildkröte zulassen.

Löwen am Tor

Eine sozialpädagogische Institution möchte ein Gehaltssystem einführen, bei dem die Rolle und Verantwortung abgegolten wird, die Erfahrung jedoch nicht mehr lohnrelevant ist… Ein Sozialdienst will die Stellvertreter*innen der Bereichsleitungen nicht mehr über eine Extra-Gehaltsstufe, sondern über eine Funktionszulage entschädigen… Ein sozialmedizinisches Zentrum muss aus Platzgründen Einzelbüros abschaffen und grössere Raumeinheiten konzipieren… Eines ist in allen drei Fällen gewiss: Die Löwen am Tor warten auf die Verantwortlichen, die diese Neuerungen einführen. Denn die persönlichen und sachlichen Risiken von Veränderungen werden je nach Person, Funktion und Rolle unterschiedlich wahrgenommen. Für den Umgang mit Widerstand ist es daher entscheidend, die Beweggründe und die Notwendigkeit für die Veränderung immer wieder klarzumachen. Auch erweist es sich in solchen Fällen als hilfreich, auszuloten und aufzuzeigen, was beim Alten bleiben kann. Denn seien wir ehrlich: Ein bisschen Löwe steckt in uns allen.

 

Ein erfolgreiches Veränderungsmanagement erfordert ein Verständnis für die Schlüsselmomente des Prozesses. Wie wir gesehen haben, können Metaphern dabei helfen, indem sie eine gemeinsame Vision des zukünftigen Erfolgs schaffen oder zur Reflexion anregen. Bei unsorgfältigem Gebrauch können Metaphern aber auch zu vereinfachend sein, von einer notwendigen Diskussion ablenken oder zu einer Stereotypisierung führen. Es ist daher entscheidend, die geeigneten Metaphern zu finden. Welche Metapher verwenden Sie gerne in Ihrem Arbeitsalltag, und weshalb?

 


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