Wie beurteilen Sozialarbeitende ihre Beratungskompetenz?

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Ein an der BFH entwickeltes Inventar zur Beratungskompetenz in der Sozialen Arbeit beruht auf der Selbstbeurteilung von Fachpersonen. Es gliedert die Beratungskompetenz in fünf Dimensionen. Mit Hilfe eines Online-Instruments können Sozialarbeitende nun ihre Stärken und Schwächen ermitteln.

Die Beratung von Menschen in herausfordernden Lebenslagen ist eine der wichtigsten Aufgaben Sozialer Arbeit. Obwohl sich die Beratungskompetenz durch zwischenmenschliche Qualitäten auszeichnet, ist es möglich diese Kompetenz empirisch zu erfassen, zu analysieren und durch Skalenbildung zu quantifizieren. Die daraus entstehenden Instrumente sind für die Profession der Sozialen Arbeit aus mindestens drei Gründen notwendig:

  1. Sie erlauben die systematische, hypothesenbasierte Erforschung, wie Stärken und Schwächen von Sozialarbeitenden mit den Wirkungen ihres professionellen Handelns zusammenhängen.
  2. Durch das Erfassen der entsprechenden Kompetenzen kann der Aus- und Weiterbildungsbedarf von Sozialarbeitenden bestimmt werden.
  3. Davon ausgehend kann verglichen werden, wie die Beratungskompetenz mit weiteren Merkmalen der Tätigkeit und Identität von Sozialarbeitenden zusammenhängt – z. B. Leistungszufriedenheit, Berufsbindung.

Von der Selbsteinschätzung zum objektiven Inventar

Zu diesem Zweck hat ein Team der Berner Fachhochschule BFH das «Inventar zur Beratungskompetenz in der Sozialen Arbeit» (IBK) entwickelt. Es erfasst das Potenzial von Sozialarbeitenden, eine beraterische Interaktion mit Klientinnen und Klienten in konkreten Situationen zu gestalten, um sie bei der Lösung ihrer Probleme zu unterstützen. Das Instrument gründet auf den Arbeiten von O’Hare und wurde in Anlehnung an Grawes Wirkfaktoren für Therapie und Beratung durch weitere Elemente ergänzt.

Das Inventar stützt sich auf die Selbsteinschätzung von 490 im Schneeball-Verfahren für die Befragung gewonnenen Sozialarbeitenden, die in ihrem Berufsalltag in verschiedenen Handlungsfeldern Menschen beraten. Im Mittel verfügen die befragten Fachpersonen über knapp elf Jahre Beratungserfahrung und führen im Schnitt pro Arbeitstag drei Beratungsgespräche mit Klientinnen und Klienten durch. Sechs von zehn Befragten sind in der Sozialhilfe tätig. Andere häufige Arbeitsbereiche sind Kindes- und Erwachsenenschutz, Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen und Arbeitsintegration.

Online-Fragebogen zu fünf Beratungsdimensionen

Durch eine explorative Faktorenanalyse liessen sich aus den Angaben der beteiligten Sozialarbeitenden fünf Dimensionen der Beratungskompetenz bestimmen:

  • Emotionale Unterstützung, um eine vertrauensvolle und empathische Arbeitsbeziehung zu Klientinnen und Klienten einzugehen.
  • Klärungshilfe, um die Klientinnen und Klienten ausgehend von der subjektiven Deutung ihrer Situation, ihren Werten und Zielen zu unterstützen.
  • Lösungshilfe, um Klientinnen und Klienten bei der Veränderung eines problematischen Ist-Zustandes in einen wünschenswerten Soll-Zustand zu unterstützen.
  • Bewältigungshilfe, um Klientinnen und Klienten in einer schwierigen Lebenssituation im Streben nach einem emotionalen Gleichgewicht zu unterstützen.
  • Vernetzung, um das Netzwerk von Beteiligten zu koordinieren und den Klientinnen und Klienten entsprechendes Wissen zu vermitteln.

Mit dem IBK liegt nun für Sozialarbeitende ein kurzes, mit geringem Zeitaufwand zu bearbeitendes Instrument zur Selbstbeurteilung der eigenen Beratungskompetenz vor. So können Fachpersonen ermitteln, wie kompetent sie sich in ihrem Berufsalltag in der Ausübung verschiedener Beratungstätigkeiten fühlen. Am Ende haben sie die Möglichkeit, sich mit den Studienteilnehmenden zu vergleichen.

Anwendungsmöglichkeiten in Bildung und Forschung

Zurzeit wird das IBK in der Beratungsweiterbildung der BFH eingesetzt, um den individuellen Entwicklungsbedarf von Sozialarbeitenden zu bestimmen. Potenziell eignet es sich darüber hinaus für den Einsatz in Organisationen oder in der Beratungsausbildung auf Bachelorstufe. Zudem steht das Instrument für Anwendungen in der empirischen Forschung zur Verfügung. Vielversprechend wären insbesondere empirische Studien, die untersuchen, inwiefern die selbstzugeschriebenen Kompetenzen zur tatsächlichen Wirksamkeit spezifischer Interventionen beitragen. Dies könnte die Diskussion über die Verlässlichkeit die Selbstbeurteilungen von Sozialarbeitenden voranbringen.

 


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