Was ist soziale Nachhaltigkeit? Eine Annäherung

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Die Agenda 2030 der UNO für nachhaltige Entwicklung enthält vielfältige soziale Ziele. Der öffentliche Diskurs hingegen ist von ökologischen und wirtschaftlichen Fragen geprägt, wodurch grundlegende gesellschaftliche Transformationsprozesse aus dem Blick geraten. Eine Gruppe von Forscher*innen der BFH Soziale Arbeit diskutiert Lesarten des Begriffs der sozialen Nachhaltigkeit und blickt auf dessen Bedeutung in Lehre und Forschung.

Soziale, ökologische, kulturelle und ökonomische Probleme stellen die Menschheit vor grosse Herausforderungen. Es müssen Lösungen gefunden werden, die für nachfolgende Generationen keinen Schaden bewirken. Bildungs- und Forschungsinstitutionen tragen dabei eine besondere Verantwortung. Deshalb hat sich auch die BFH der Nachhaltigkeit verschrieben und will dieses Engagement noch konkretisieren. Wie kann soziale Nachhaltigkeit gestärkt werden und was bedeutet der Begriff überhaupt? In der Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit wird betont, dass neben Technologien auch die Art der gesellschaftlichen Organisation für die heutige und zukünftige Bedürfnisbefriedigung bewertet werden muss. Intra- und intergenerationale Gerechtigkeit und auch Verwirklichungschancen sind dabei mögliche Ansatzpunkte.

Werden menschliche Bedürfnisse als Zielhorizont für Gerechtigkeit gesehen, wäre soziale Nachhaltigkeit dann gegeben, wenn gleiche Chancen bestehen, um diese Bedürfnisse zu verwirklichen. Die Verwirklichungschancen ergeben sich aus dem Zusammenspiel zwischen individuellen Ressourcen und gesellschaftlichen sowie natürlichen Rahmenbedingungen.

Adaptive soziale Systeme?

Die schiere Menge von Nachhaltigkeitszielen und Schwierigkeiten bei deren Priorisierung und Umsetzung machen klare Definitionen und anwendbare Konzepte nötig. Eine Arbeitsdefinition für soziale Nachhaltigkeit beschreibt diese als die Fähigkeit sozialer Systeme oder Gesellschaften, Menschen soziale Integration zu ermöglichen.

Diese Definition ist anschlussfähig an die Systemperspektive, die soziale Systeme als notwendige Bedingung sieht, damit menschliche Bedürfnisbefriedigung überhaupt möglich wird. Daraus abgeleitet müssen soziale Systeme primär vor Zerfall oder Abbau geschützt werden: Auch wenn sie nicht jederzeit alle Bedürfnisse vollumfänglich befriedigen können, sind sie Bedingung dafür, dass auch zukünftig menschliche Bedürfnisse befriedigt werden können.

Nach diesem Ansatz sind Systeme wie Familien, Gemeinschaften, Nationen, Institutionen oder Firmen dann sozial nachhaltig, wenn sie ihre integrative Funktion trotz Komplexität, Dynamik und Unsicherheiten aufrechterhalten können. Diese adaptive Kapazität sozialer Systeme spielt gerade in Krisenzeiten eine entscheidende Rolle, wobei die fünf Aspekte Diversität, Lernfähigkeit, Selbstorganisation, Vertrauen und gemeinsamer Sinn die adaptive Kapazität begünstigen respektive die Chancen auf eine krisenfeste Funktionalität erhöhen können.

Die Rolle der Sozialen Arbeit

Soziale Arbeit ist im Kern auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, wenn sie den sozialen Wandel hin zu erhöhtem Wohlbefinden der gesamten Gesellschaft fördern soll. So unterstützen Sozialarbeitende etwa die Integration in soziale Systeme wie Familien, das Gemeinwesen, Institutionen der sozialen Sicherheit, Bildung oder der Erwerbsarbeit und bauen strukturelle Hindernisse ab. Ausserdem lässt sich ökologische Nachhaltigkeit nicht ohne soziale Nachhaltigkeit realisieren. Ohne Partizipation, gemeinsam geteilte Werte, Vertrauen und Flexibilität können keine belastbaren sozialen Systeme für die grossen ökologischen Herausforderungen geschaffen werden.

Soziale Nachhaltigkeit an der BFH

Im Departement Soziale Arbeit stehen diverse Inhalte der Lehre und Forschungsthemen in enger Verbindung mit Nachhaltigkeitszielen. In der Lehre hat die Verzahnung mit Sozialer Nachhaltigkeit bspw. in all jenen Modulen besondere Bedeutung, welche die Soziale Arbeit im breiten gesellschaftlichen Diskurs verorten.

Mehrere Forschungsprojekte am Departement stehen in Zusammenhang mit Nachhaltigkeits-Zielen. Das Monitoring der Arbeitsbedingungen in der Schweiz beispielsweise hat vielfältige Ziele einer inklusiven Gesellschaft, Langfristigkeit und Mehrdimensionalität im Blick.

Auch sozial nachhaltige Projekte zur Weiterentwicklung der Hochschule sind in Arbeit. Beim Projekt «Öffnung von Hochschullehrangeboten nach Aussen» wird das Potenzial von partizipativen Angeboten für die Öffentlichkeit sowie für Adressat*innen und Fachpersonen der Sozialen Arbeit ausgelotet.

Eine ausführliche Fassung dieses Artikels finden Sie in der aktuellen impuls-Ausgabe


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