Gesundheit und Wohlbefinden von Studierenden im COVID-19 Lockdown

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Der erste Lockdown stellte das Leben der meisten Studierenden auf den Kopf. Um mehr über diese Veränderungen zu erfahren, beteiligte sich die BFH an einem internationalen Forschungsprojekt. Die Resultate lassen erste Vergleiche zu und skizzieren zwei Herausforderungen für Hochschulen in Pandemiezeiten.

Dominik ist vierundzwanzig und studiert Soziale Arbeit in Bern. Im Präsenzunterricht steht der interaktive Austausch mit den Dozentinnen, Dozenten und Mitstudierenden im Vordergrund. Dominik beteiligt sich gerne an den Diskussionen und bereitet sich mithilfe unterschiedlicher Lernmaterialien auf die Seminare vor. Die Umstellung auf Online-Unterricht hat sein Studentenleben im letzten Frühling jedoch gehörig über den Haufen geworfen. Die mehrstündigen Unterrichtseinheiten zuhause am Computer ermüdeten ihn und das ebenfalls digitale Selbststudium lief nicht mehr so gut wie zuvor. Am meisten aber fehlten Dominik die gemeinsamen Abende mit seinen Studienfreund*innen, die den Kontakt wegen der Pandemie stark zurückgefahren hatten. Seine beiden Mitbewohner verkrochen sich häufig in ihren Zimmern oder waren tagelang weg. Die Tage vergingen eher schleppend, waren gleichzeitig stressig und eintönig. Um den Sorgen im Zusammenhang mit dem Studium und den unklaren Leistungsnachweisen zu entkommen, machte Dominik jeden Tag einen Spaziergang.

Im Frühling 2020 fanden sich viele europäische Studierende in ähnlichen Lebensumständen wie Dominik wieder. Um mehr über die Veränderungen in ihrem Leben zu erfahren, lancierte die Universität Antwerpen die «COVID-19 International-Student-Well-being-Study». Daran beteiligte sich die Berner Fachhochschule zusammen mit drei weiteren Schweizer Hochschulen und befragte ihre Studierenden während den Universitätsschliessungen im Mai.

Krisenmanagement und finanzielle Lage

Die Auswertung der Antworten von BFH-Studierenden zeigt auf, mit welchen Herausforderungen die Studierenden in den Bereichen Studium, Lebenssituation, Gesundheitsverhalten und psychische Gesundheit konfrontiert waren. Im Bereich Studium fällt auf, dass über 60% der Studierenden im Vergleich zum sonst üblichen Unterricht weniger genau wussten, was in den einzelnen Modulen von ihnen erwartet wird. Etwa ein Drittel berichtete von einem erheblichen Stress, ausgelöst durch die Veränderungen der Lehrmethoden während den Hochschulschliessung. Mit den von den Hochschulen erhaltenen Informationen zur Krise und mit den Schutzmassnahmen waren die Studierenden hingegen mehrheitlich zufrieden, ebenso mit der Erreichbarkeit von Hochschulmitarbeitenden bei Sorgen und Anliegen im Zusammenhang mit Corona.

Insgesamt wirkte sich die Pandemie nur geringfügig auf die finanzielle Lage der Studierenden aus. Die meisten Studierenden konnten auch während des Lockdowns ihre Ausgaben decken. Ausnahmen waren Studierende mit ausländischem Geburtsort und Studierende der Hochschule der Künste Bern. Von ihnen berichtete jeweils ein knappes Drittel von ungenügenden Mitteln, um die monatlichen Kosten zu decken.

Physische und psychische Gesundheit

Interessanterweise blieb das Gesundheitsverhalten der Studierenden während des Lockdowns mehrheitlich unverändert – mit Ausnahme des Rauschtrinkens, das in der Zeit stark zurückging. Der Tabak- und Cannabiskonsum blieben während des Lockdowns konstant tief, während moderate physische Aktivitäten bei Studierenden der Sozialen Arbeit und Studierenden der Künste gar leicht zunahmen. Diese Ergebnisse weichen von den Befunden ausländischer Studien ab, die mehrheitlich einen Anstieg des Cannabis-, Tabak- und Alkoholkonsums sowie eine Abnahme der sportlichen Betätigung unter Studierenden feststellten. Dies kann mitunter auf die unterschiedlichen nationalen Eindämmungsmassnahmen zurückzuführen sein – wie z. B. verordnete Ausgangsperren.

Im Bereich der psychischen Gesundheit waren die BFH-Studierenden im Vergleich zu den Studierenden der drei teilnehmenden Schweizer Universitäten deutlich geringeren psychischen Belastungen ausgesetzt. Die Analyse zeigt ein deutlich höheres Risiko für psychische Belastungen bei Studentinnen, bei Studierenden der Künste, bei Studierenden mit Migrationshintergrund und bei Studierenden in einer schwierigen finanziellen Situation. Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in Studien anderer Länder wider. Eine Studie der ETH Zürich konnte mit Daten aus der Schweiz zeigen, dass nach den Universitätsschliessungen bereits im April Stressniveau, Ängste, Einsamkeit und Depressionssymptome zunahmen. Die Forschenden erklären diese Zunahme mit den abgenommenen sozialen Interaktionen und der geringeren emotionalen Unterstützung in der neuen Studiensituation.

Zwei Aufgaben für die Zukunft

Aufgrund der Ergebnisse lassen sich abschliessend zwei Herausforderungen für Hochschulen in Zeiten einer Pandemie formulieren. Einerseits sind die Hochschulen gefordert, die Qualität der Lehre trotz der sich schnell ändernden staatlichen Bestimmungen aufrechtzuerhalten. Hierzu braucht es weitere Forschung, um die Qualität und die Wirkung der neuen, hybriden und distanzierten Unterrichtsformate zu erheben und langfristig zu beobachten. Andererseits dürfen die Hochschulen die psychische Gesundheit der Studierenden nicht vergessen: Ein gutes Beratungsangebot und individuelle Unterstützung sind in einer Pandemie von besonderer Bedeutung. Beides sollte laufend bezüglich Nutzen und Wirkung überprüft werden.

 


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