Sozialhilfe unterstützt junge Menschen auf dem Weg ins Erwachsenenleben

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Foto: istock.com/pixelfit

Der aktuelle Kennzahlenvergleich zur Sozialhilfe in Schweizer Städten legt den Schwerpunkt auf Jugendliche und junge Erwachsene. Der Schritt ins Erwachsenenleben ist für Jugendliche aus sozial benachteiligten Verhältnissen oft erschwert. Dennoch gelingt es den meisten, sich von der Sozialhilfe zu lösen.

Der Übergang von der Jugend ins Erwachsenenalter ist eine Lebensphase mit vielen Veränderungen und zentralen Weichenstellungen. Nicht immer verläuft der Weg in die Selbständigkeit reibungslos und die Lebenssituationen können rasch ändern. Um ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben zu führen braucht es Anstrengungen und Motivation: um den Eintritt in eine Ausbildung zu schaffen, die Ausbildung abzuschliessen, auch bei Misserfolgen dranzubleiben und schliesslich den Eintritt ins Berufsleben zu meistern.

Nachteile beim Start erhöhen das Sozialhilferisiko markant

Auf diesem Weg kann es zu Situationen kommen, in denen jungen Menschen noch nicht oder nicht mehr aus eigenen Mitteln über die Runde kommen. Dies gilt sowohl für Jugendliche, die mit ihren Eltern bereits in finanziell knappen Verhältnissen aufgewachsen sind, wie auch für Jugendliche, deren Eltern die finanzielle Sicherheit in der Kindheit und im Übergang zur Selbständigkeit garantieren können.

Wenn Jugendliche jedoch bereits in finanziell knappen Verhältnissen in die Übergangsphase starten, besteht ein deutlich erhöhtes Risiko, dass sie auch in den Jahren danach auf Sozialhilfe angewiesen sind. Dies verdeutlicht die Analyse der Unterstützungsverläufe von jugendlichen Sozialhilfebeziehenden zwischen 2010 und 2016. Zwar bleiben die wenigsten dauerhaft in der Sozialhilfe, wer mit 17 jedoch in einer unterstützten Familie lebte, hat mit 23 ein viermal höheres Risiko auf Sozialhilfe angewiesen zu sein als durchschnittliche 23-Jährige.

Hohe Integrationsfähigkeit ausländischer Jugendlicher

Die positive Nachricht ist, dass über 75% der Jugendlichen den Ausstieg aus der Sozialhilfe dauerhaft schaffte. Nur 8% der analysierten Personengruppe war während der ganzen sechs Jahre auf Sozialhilfe angewiesen. Diesen jungen Menschen gelang es mehrheitlich nicht, im untersuchten Zeitraum eine Ausbildung abzuschliessen.

Im Verhältnis betrachtet gelingt jungen Ausländerinnen und Ausländern der Ausstieg aus der Sozialhilfe besser als jungen Schweizerinnen und Schweizern. Ausländische Jugendliche haben zwar ein viel höheres Risiko, in einer unterstützen Familie aufzuwachsen, ihre Integrationsfähigkeit ist aber höher. Dies lässt sich besonders eindrücklich im Querschnittsvergleich illustrieren (siehe Grafik): Bei den 15-Jährigen beträgt die Sozialhilfequote der ausländischen Bevölkerung 17.5%, bei den 23-Jährigen 5.6%. Bei den 15-jährigen sind dies rund 10 Prozentpunkte mehr als bei der Schweizer Bevölkerung, bei den 23-Jährigen ist es gerade noch ein Prozentpunkt.

Sozialhilfequoten nach Altersjahren und Nationalität

Grafik: Sozialhilfequoten nach Altersjahren und Nationalität

Sozialhilfequoten nach Altersjahren und Nationalität (2017 in 14 Städten) – Quelle: Bundesamt für Statistik BFS, Sozialhilfestatistik

Stipendien statt Sozialhilfe

Da die Stipendien in vielen Kantonen nicht existenzsichernd ausgestaltet sind, betrifft die Unterstützung junger Erwachsener oft die Finanzierung der Ausbildungsphase. Bei den 18- und 19-Jährigen sind dies zwischen einem Drittel und der Hälfte der Sozialhilfebeziehenden. Es stellt sich die Frage, ob existenzsichernde Stipendien nicht das geeignetere und für die Betroffenen weniger stigmatisierende Instrument wären. Umgesetzt wird dies bereits im Kanton Waadt und nach den neusten Reformen auch im Kanton Bern. Nach wie vor sind Stipendien in vielen Kantonen aber nicht auf Existenzsicherung ausgelegt. Eine bessere Abstimmung der Anspruchsvoraussetzungen zwischen Stipendien und Sozialhilfe könnte die Situation vieler junger Erwachsener in Ausbildung erleichtern und deren Motivation zum Abschluss ihrer Ausbildung fördern.

Ergänzende Unterstützungsangebote notwendig

Besonders problematisch ist die Situation für diejenigen jungen Erwachsenen, denen es nicht gelingt, ihre Ausgangssituation durch Investitionen in die eigene Bildung zu verbessern. Auf dem Ausbildungsweg und zu Beginn der Erwerbsarbeitszeit benötigt ein Teil der jungen Menschen enge Begleitung durch Fachpersonen. Eine kürzlich erschienene Studie rund um die Angebote beim Übergang in eine nachobligatorische Ausbildung für Jugendliche mit gesundheitlichen Einschränkungen stellt fest, dass in vielen Kantonen für Jugendliche mit grossen Motivationsdefiziten oder psychischen Problemen keine oder nur sehr beschränkte Unterstützungsangebote bestehen. Die für diese Gruppe notwendigen Tagesstrukturen und engmaschige Begleitung können von regulären Brückenangeboten nicht bereitgestellt werden. Um diese Gruppe von Jugendlichen und junge Erwachsenen – die zum Beispiel die Grundausbildung verweigert oder abgebrochen haben, Suchtmittel konsumieren oder ein konfliktbehaftetes Verhältnis zu den Eltern aufweisen – gezielt zu unterstützen, haben die sozialen Dienste verschiedener Städte spezielle Angebote aufgebaut. Zentrale Massnahmen sind dabei individuelle Coachings sowie die Koordination zwischen den involvierten Fachstellen.

Analysen der Bildungsverläufe von Schulabgängerinnen und Schulabgängern verdeutlichen, dass sich die Bildungswege vervielfacht haben und heute oft lange dauern. Wer zu früh aussteigt oder austeigen muss, wird es im Arbeitsmarkt der Zukunft schwer haben. Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, die Unterstützung so auszugestalten, dass möglichst alle jungen Menschen eine ihren Fähigkeiten angemessene Ausbildung absolvieren können. Dies ist eine gemeinsame Aufgabe der Eltern, der Schulen und Lehrpersonen, der Lehrbetriebe, der Gemeinden und Kantone – und nicht zuletzt auch der Sozialhilfe.

 


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