Soziale Wirkungskredite schaffen Perspektiven für Flüchtlinge

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Soziale Wirkungskredite schaffen Perspektiven für Flüchtlinge

Bei der Caritas Bern läuft ein schweizweit einmaliger Versuch: Private Geldgeber finanzieren ein soziales Projekt – und kassieren im Erfolgsfall einen kleinen Bonus, den sie mit dem erfolgreichen Leistungserbringer teilen. Bei Nichterreichen der Ziele erleiden sowohl die Investoren als auch die Caritas einen Verlust. Den Staat entlastet das. Aber dürfen Investoren aus dem Schicksal von arbeitssuchenden Flüchtlingen Kapital schlagen?

Angebote im Sozialbereich nachhaltig zu finanzieren ist schwieriger geworden. Die Mittel der öffentlichen Hand sind knapp und in bestehenden Angeboten gebunden. In den Budgets von Kantonen und Gemeinden fehlen deshalb vielfach die Spielräume, um neue Projekte zu unterstützen.

Vor diesem Hintergrund verdient ein laufendes «Berner Modell» Beachtung, das auf ein neues, privatwirtschaftlich anmutendes Finanzierungskonzept setzt und aktuell von der Caritas Bern als Pilotversuch umgesetzt wird. Das Projekt «Caritas Perspektive» hat zum Ziel, dass Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene schneller eine Arbeit finden. Die Teilnehmenden nehmen bereits nach einer kurzen Abklärungsphase eine Arbeitstätigkeit auf. Sie werden durch ein Job-Coaching über die reine Einarbeitungsphase hinaus begleitet.

Die finanzielle Beteiligung von privaten Investoren mit sogenannten Social Impact Bonds (SIB) – sozialen Wirkungskrediten – wird erstmals in der Schweiz eingesetzt. Angeregt von der  Unternehmerinitiative «Fokus Bern» wurde das Modell von der Caritas in Kooperation mit dem Kanton Bern und privaten Investoren entwickelt.

Vorteile: Individualisierung und Flexibilisierung

Das Projekt wäre wohl im Rahmen der ordentlichen Finanzierung durch den Kanton nicht finanziert worden. Ein weiterer Vorteil zeigt sich bereits jetzt: Das Programm ist konsequent wirkungsorientiert ausgelegt, Messlatte ist einzig der Erfolg – die Integration einer Mindestzahl von Personen in den Arbeitsmarkt. Damit werden auch ungewöhnliche, sehr individualisierte Massnahmen möglich, so etwa die Finanzierung einer nachholenden Ausbildung, wenn sie zur Zielerreichung führen. Als Vorteil des Modells wird von Caritas Bern denn auch besonders die im Vergleich zu traditionellen Arbeitsintegrationsprogrammen hohe Flexibilität betont.

Um ein abschliessendes Fazit zu ziehen, ist es noch zu früh. Auf die Ergebnisse der laufenden Evaluation des «Berner Modells» darf man jedenfalls gespannt sein.

Risiken und Nebenwirkungen

Viele Fragen rund um SIB sind noch offen. Es wird in den nächsten Jahren darum gehen, herauszufinden, unter welchen Bedingungen und welche Art von Projekten sich mit Social Impact Bonds finanzieren lassen. Lassen sich überhaupt Investoren finden? Welche Renditeerwartungen sind dabei zu berücksichtigen? Öffnen sich mit SIB neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Staat (Kantone, Gemeinden) mit Privaten (z.B. Stiftungen oder Regionalbanken)?

In diesem Zusammenhang gilt es, die Aufmerksamkeit auch auf die kritischen Punkte und möglichen Nebenwirkungen dieser privatwirtschaftlichen Instrumente zu lenken: Wie gelingt es, die sozialpolitischen Ziele der öffentlichen Hand mit den finanziellen Interessen der Investoren zu vereinbaren? Wie ist mit dem Risiko umzugehen, dass Personen, bei denen ein Erfolg nur bedingt zu erwarten ist, von den Angeboten ausgeschlossen werden («Creaming-Effekt»)? Wie lassen sich die in den laufenden SIB-Projekten vergleichsweise hohen Managementkosten, die komplexe Vertragsarrangements, Projektbegleitung und Wirkungsmessung mit sich bringen, reduzieren?

SIB sind kein Allheilmittel

Schon jetzt ist klar: Wirkungskredite sind nicht die «eierlegende Wollmilchsau», das Allheilmittel zur Finanzierung der sozialen Angebote der Zukunft. Es wird vielmehr darum gehen, sich darüber klar zu werden, für welche Bereiche und für welche Projektarten SIB funktionieren – und für welche nicht. Es braucht Grundlagen, um Möglichkeiten und Grenzen des Instruments einschätzen zu können.

In jedem Fall ist es wichtig, dass sich Fachpersonen aus den sozialen Organisationen an der konkreten Ausgestaltung von SIB-Modellen beteiligen. Es gilt dafür zu sorgen, dass die fachlich-qualitative Standards, aber auch der Einfluss der demokratisch legitimierten Gemeinwesen gewahrt werden. Wenn dies gelingt, könnten SIB-Ansätze durchaus Chancen bieten, die traditionellen Finanzierungsformen in bestimmten Bereichen sinnvoll zu ergänzen.

 


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1 Kommentare
  • Adrian Wyss

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    Der Kanton Luzern will die berufliche Integration von Flüchtlingen vermehrt über die Regelstrukturen fördern durch den Vorkurs «Perspektive Pflege» und daer damit verbundenen beruflichen Integration von Flüchtlingen in Pflegeberufe. Der Vorkurs «Perspektive Pflege» wird seit 2015 von der ZIGG im Auftrag des Kantons Luzern zusammen mit der ENAIP Luzern entwickelt und durchgeführt.

    https://www.zigg.ch/verband/projekte/perspektive-pflege.html

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