Social Impact Bonds: Perspektiven von Anbietern aus drei Ländern

Foto: Oliver Slappnig

In Bern trafen sich Soziale Dienstleister aus Grossbritannien, Deutschland und der Schweiz, um über Social Impact Bonds zu diskutieren. Trotz erheblicher Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestand klare Einigkeit darüber, wie die Finanzierung ihrer Angebote verbessert werden könnte – Social Impact Bonds spielten dabei jedoch keine Rolle.

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Die Verlagerung zu ergebnisorientierter Auftragsvergabe ist eine bedeutende sozialpolitische Entwicklung der letzten Zeit. Innerhalb von zehn Jahren haben sich Social Impact Bonds (SIB) – als eine Form davon – stark verbreitet. In diesen Programmen stellt ein gewinnorientierter Investor oder eine Stiftung Geld für ein Sozialprojekt zur Verfügung und wird vom Staat für deren Erfolg ausbezahlt. Je nachdem wie weit die vorgängig definierten Programmziele erreicht werden, ergibt sich für den Investor daraus ein Gewinn oder ein Verlust. Während England in dem Bereich weltweit führend ist, haben sich SIB auch in den USA und im übrigen Europa verbreitet.

Im Rahmen einer vom Schweizerischen Netzwerk für Internationale Studien (SNIS) finanzierten Forschungskooperation kamen letzten September gemeinnützige Organisationen aus Grossbritannien, Deutschland und der Schweiz zusammen, die u.a. durch SIB finanzierte Arbeitsmarktprogramme durchführen. Im Workshop sollten die Erfahrungen mit SIB-Finanzierungen ausgetauscht und Argumente für entsprechende Programme ausgearbeitet werden, da die Sicht der Sozialen Dienstleister hierzu bisher grösstenteils ignoriert wird. Der Austausch zwischen den britischen, deutschen und schweizer Organisationen brachte zwar einige signifikante Unterschiede ans Licht, trotzdem gibt es eine klare Botschaft und Einigkeit darüber, was die Sozialen Dienstleister bezüglich der Finanzierung wollen.

Politische Gründe und finanzielle Anreize

In keinem der drei Ländern entschieden sich die Sozialen Dienstleister aus reiner Begeisterung für das SIB-Finanzierungsmodell. Vielmehr interessierten sie sich für die langfristigen Beiträge und die höheren Ansätzen pro Klient/in, die in solchen Projekten die Regel sind. Alle Anbieter hörten früh von den SIB-Zuschüssen, was ihnen einen Vorsprung im Wettbewerb um den relativ komplexen Finanzierungsmechanismus verschaffte.

Die politischen Bewegründe für SIB waren je nach Land unterschiedlich: In Grossbritannien gingen SIB mit den Sparmassnahmen der letzten zehn Jahre einher, während in der Schweiz und in Deutschland private Geldgeber von deren Innovationscharakter angezogen wurden. Unabhängig von der ursprünglichen Motivation entwickelte sich in allen drei Ländern die Regierung zur dominierenden Akteurin. Jedoch handhaben sie die Finanzen unterschiedlich: Während in der Schweiz die vollen Kosten in der Zukunft budetiert werden, arbeitet England mit monatlichen Ratenzahlungen. In Deutschland werden laufende Sozialausgaben für die Deckung künftiger Auszahlungen eingefroren, was gemäss eines beteiligten Dienstleisters vermutlich negativen Einfluss auf die politische Unterstützung hat.

Gemischte Erfahrungen mit SIB

Alle Dienstleister waren der Meinung, dass sie durch die SIB mit klugen Leuten in Kontakt kamen, die sich mit Investitionen auskannten, jedoch wenig über soziale Dienstleistungen wussten. Einige erlebten dies positiv, da sie dadurch gezwungen waren, ihre Dienstleistungswahl intern zu diskutieren. Andere hatten den Eindruck, dass die Fragen der Investoren bestenfalls naiv waren und schlimmstenfalls zu kontraproduktivem Druck auf das Tagesgeschäft führten.

Betreffend der Mitarbeitenden an der Front unterschieden sich die Erfahrungen deutlich. In Grossbritannien war das Management der Ansicht, dass im Rahmen eines SIB-Vertrages Angestellte von Anfang an ergebnisorientierter wären und dies die gesamte Programmgestaltung beeinflusse. Im Gegensatz dazu vertraten die Anbieter aus Deutschland und der Schweiz die Meinung, dass die Fachpersonen an der Front unabhängig von der Finanzierungsmethode eine grundlegende Professionalität besässen. Jedoch könnten die Mitarbeitenden in einem SIB-Programm aufgrund der grosszügigeren Finanzierung vertiefter mit den Klientinnen und Klienten arbeiten, als ihre Kolleginnen und Kollegen in einem ähnlichen, konventionell finanzierten Projekt.

Betreffend der Datenerhebung, der Auswertung und der Bezahlung ähnelten sich die Erfahrungen wieder. Keiner der Anbieter erhielt von den Investoren oder der Regierung technische oder administrative Unterstützung bei der Datenerhebung, es gab keine Wirkungsevaluationen und die Anbieter konnten von keinen Analysen ihres Programms profitieren. Jedoch wurden in allen Fällen die Auszahlungskriterien im Laufe angepasst, wodurch die Investoren eine Rendite erzielten – in England basierend auf dem geschätzten Wert der sozialen Ergebnisse, in Deutschland und der Schweiz anhand der Ergebnisse ähnlicher, vergangener Programme.

Dienstleister möchten Stabilität und Vertrauen

Am Ende des zweitägigen Workshops wurden die Anbieter gebeten, ihren idealen Vertrag zu beschreiben. Auffallend war, dass keiner der Anbieter einen SIB-Vertrag beschrieb. Alle Anbieter wollten jedoch drei Dinge:

  1. Eine längerfristige stabile Finanzierung mit Zwischenetappen und der Möglichkeit, erfolgreiche Programme erneuern oder erweitern zu können.
  2. Flexibilität und professionelles Vertrauen, die es ermöglichen, effektive, individuell zugeschnittene Lösungen für ihre Klientel zu entwickeln.
  3. Ganzheitliche Interventionen für ihre Kundinnen und Kunden, welche sich an den Zielen der an der Finanzierung beiteiligten Behörden orientieren. Wobei eine regierungsinterne Koordination dieser Ziele bessere und effizientere Lösungen ermöglichen würde.

Mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung verfügen diese Organisationen über professionelles Wissen und Erfahrung, die bei der Politikgestaltung hilfreich sein könnten. Regierungen wären gut beraten, diese Erfahrungen und Perspektiven bei zukünftigen Verträgen zu berücksichtigen.

 


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