Schulsozialarbeit und Schule: Spannungsfelder der Kooperation

Schüler_innen und Lehrer sitzen im Kreis

Schulsozialarbeit hat eine 20-jährige Erfolgsgeschichte hinter sich. Allein im Kanton Bern verfügen über 50% der mittleren und grösseren Gemeinden über eine oder mehrere Schulsozialarbeitsstellen. Und noch heute werden stetig neue Anlaufstellen eingeführt. Wie erfolgreich aber ist sie aus Sicht der Lehrerinnen und Lehrer? Zwei Studien haben die Rückmeldungen von über 800 Lehrpersonen ausgewertet.

In den letzten 20 Jahren erlebte die Schulsozialarbeit in allen Landesteilen eine starke Verbreitung, weil viele Gemeinden und Kantone das Potential einer niederschwelligen Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche erkannt haben. Durch die Nähe zu den Kindern können nicht nur individuelle und familiäre Probleme früh erkannt und aufgefangen werden, sondern auch klassen-, peer- und entwicklungsspezifische Herausforderungen professionell begleitet werden. Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter arbeiten je nach Bedarf mit einzelnen Schülerinnen und Schülern, mit kleinen Gruppen, im Klassenverband oder mit Jahrgangsgruppen. Ihre Arbeit wirkt und wird von Lehrerinnen und Lehrern geschätzt. Verschiedene Studien zeigen, dass die Schulsozialarbeit die Lehrpersonen entlastet, akute Krisen und Probleme von Schülerinnen und Schülern abfedert, die Zusammenarbeit mit Sozialen Diensten erleichtert sowie das Klassen- und Schulhausklima verbessert.

Schulsozialarbeit wird breit genutzt

Wenngleich die Bilanz zur Schulsozialarbeit positiv ausfällt, dürfen kritische Fragen und Stimmen nicht überhört werden. Denn das Zusammenspiel von Schule und Sozialer Arbeit birgt auch Spannungen. Für einen nachhaltigen Nutzen ist deshalb eine sorgfältige Planung, Einführung und Evaluation von Schulsozialarbeit wichtig.

Die Berner Fachhochschule begleitet seit mehr als 15 Jahren Städte und Gemeinden bei der Implementierung der Schulsozialarbeit und evaluiert neue Stellen auch anhand von Lehrpersonenbefragungen. Eine neue Studie führt diese Daten zusammen, um Nutzungsmuster seitens der Lehrpersonen zu untersuchen. Die Antworten von über 800 Lehrpersonen zeigen, dass die Nutzungsrate in der Mittelstufe am höchsten und in der Kindergarten- und Unterstufe am niedrigsten ist. Schulsozialarbeit wird von Lehrpersonen unabhängig von Alter, Geschlecht oder Funktion in gleichem Masse beansprucht – durchschnittlich von etwa zwei Dritteln des Kollegiums. Die breite Verankerung und die hohe Nutzungsquote bestätigen den konkreten Bedarf an Sozialer Arbeit in Schulen. Wenig überraschend wird die Schulsozialarbeit dort mehr beansprucht, wo mehr Stellenprozente pro Schulkind vorhanden sind. Die derzeitig zur Verfügung stehende Schulsozialarbeit stellt somit eher ein Mindestangebot dar und ihr Ausbaupotential sollte daher weiter eruiert werden.

Kooperation birgt Probleme

Eine zweite Studie richtet den Blick auf die kritischen Aspekte der Zusammenarbeit zwischen den Lehrpersonen und den Fachkräften der Schulsozialarbeit. Sie haben unterschiedliche Bildungswege durchlaufen, wurden in anderen Berufskulturen sozialisiert und müssen daher den Blick des Kooperationspartners auf Phänomene, Arbeitsweise, Möglichkeiten und Grenzen erst kennenlernen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Schulsozialarbeit kaum genug in die Profilklärung, ihre Ziele und ihre Aufgaben investieren kann. So muss sich die Schulsozialarbeit beispielsweise für ein professionelles Verständnis im Umgang mit persönlichen Daten einsetzen, ihre Spezialgebiete und Kompetenzen, ihre Präsenz und Erreichbarkeit laufend kommunizieren und allenfalls mit der Schule aushandeln. Andernfalls läuft sie Gefahr, dass sie sich als Fremdkörper an der Schule isoliert und sich ihre Reichweite und ihr Wirkungsspektrum verringern. Denn nur in enger Kollaboration mit den Lehrerinnen und Lehrern können Interventionen gezielt und effektiv geplant und durchgeführt werden.

Beide Studien zeigen, dass sich die Schulsozialarbeit einigen Spannungsfeldern zum Trotz sehr gut bewährt hat und von den Lehrpersonen breit genutzt wird. Weiter zeigen die Analysen aber auch, dass der Aufwand für die Rollen-, Aufgaben- und Verantwortungsklärungen zwischen Schule und Schulsozialarbeit nicht unterschätzt werden darf. Sie sollten sich dauerhaft um die Klärung ihrer Zusammenarbeit bemühen.

 


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