Ein Sozialdienst ist ein stressiger Arbeitsplatz, der physische und psychische Belastungen mit sich bringt. Um sich vom stressigen Arbeitsalltag zu erholen, ist guter Schlaf entscheidend. Doch was tun, wenn die Schlafqualität ebenfalls unter den prekären Arbeitsbedingungen eines Sozialdienstes leidet?
Sozialdienstmitarbeitende sind oft unter Stress. Personalknappheit, eine hohe Fallbelastung sowie Verwaltungsaufgaben setzten sie unter zeitlichen Druck. Dazu stossen soziale Stressoren mit Vorgesetzten und Arbeitskollegen, wie z. B. Meinungsverschiedenheiten über die Fallbearbeitung oder -aufteilung. Umso wichtiger ist es für sie, sich nach der Arbeit zu erholen, um sich am nächsten Tag erneut voller Elan an die Arbeit zu machen. Doch wie wirken sich der zeitliche Druck und die sozialen Herausforderungen auf den Schlaf, den wichtigsten Erholungsprozess der Menschen aus?
Was raubt den Schlaf?
Um dieser Fragestellung nachzugehen, wurden neun Sozialdienstmitarbeitende während zwei Wochen jeweils morgens und abends mithilfe eines Online-Fragebogen zu ihrer Arbeitstätigkeit befragt. Zusätzlich wurden bei den Teilnehmenden während diesen zwei Wochen kontinuierliche Aktigraphie-Messungen zum Schlaf-Wach-Rhythmus durchgeführt. Die Aktigraphie ist ein Verfahren, welches über längeren Zeitraum mittels eines kleinen Apparats – ähnlich einer Uhr am Handgelenk – Bewegungen aufzeichnet und schliesslich den Aktivitätsverlauf aufführt.
Die Ergebnisse zeigen: Wer einen Arbeitstag mit ein oder mehreren sozialen Stressoren hinter sich hat, der oder die schläft unruhiger, weil der Schlaf öfter unterbrochen wird. Genauer gesagt weist der Koeffizient darauf hin, dass für jeden zusätzlichen sozialen Stressoren die Schlafunterbrechungen durchschnittlich 4.93 Mal zunehmen. Allerdings zeigen die Resultate auch, dass Zeitdruck allein nicht genügt. Im Gegenteil: Jeder wahrgenommene zusätzliche Zeitdruck führt dazu, dass Schlafunterbrechungen um 0.47 abnehmen.
Wieso reagieren wir auf Stress?
Die aktuelle Studie liefert dadurch wichtige Erkenntnisse zur Frage, welche Arbeitsbelastungen den Schlaf von Sozialdienstmitarbeitenden beeinträchtigen und welche nicht. Soziale Konflikte und Belastungen während des Arbeitstages führen zu mehr Schlafunterbrechungen in der Nacht. Der Grund liegt darin, dass soziale Stressoren oft ein Gefühl des Unwohlseins und der Angst auslösen. Menschen sind von Natur aus motiviert, positive soziale Beziehungen zu erlangen und zu pflegen. Wenn dieses Bedürfnis – z.B. aufgrund von Konflikten mit Arbeitskollegen oder Vorgesetzten – nicht erfüllt werden kann, kann Stress entstehen, der allenfalls gar das Selbstbewusstsein beeinträchtigt. Dieser Stress verursacht eine körperliche und mentale Anspannung, die einen ruhigen Schlaf schlussendlich unterbindet – z.B. aufgrund eines hohen Blutdrucks. Dieser unruhige Schlaf kann sich wiederum auf die Arbeit auswirken, weil er Arbeitsleistung, Stress-Resilienz und die Gesundheit beeinträchtigt.
Anders wirkt sich Zeitdruck auf die Schlafqualität von Sozialdienstmitarbeitenden aus. Steht man unter zeitlichem Druck, ist man am Ende des Tages erschöpft und schläfrig, was eine gute Basis für tiefen Schlaf darstellt.
Wie können Vorgesetzte den Schlaf fördern?
Führungspersonen auf Sozialdiensten sollten sich daher bewusst sein, dass die herausfordernden Aufgaben auf einem Sozialdienst bei den Mitarbeitenden unterschiedliche Stressreaktionen hervorrufen und dass sich diese auf Erholungsprozesse wie den Schlaf auswirken. Aufgrund der Erkenntnisse können Führungspersonen und Mitarbeitende selbst etwas tun, um die Schlafqualität zu fördern. So vermindert beispielsweise eine offene Unternehmenskultur in der Regel die sozialen Stressoren mit Vorgesetzten und Arbeitskolleg*innen und erleichtert es Teammitgliedern, sich gut zu erholen. Auch sollten Überzeiten sowie die ständige Erreichbarkeit der Mitarbeitenden vermieden werden. Ruhepausen müssen eingehalten werden und am besten sorgt man dafür, dass Mitarbeitende auch mal tagsüber kurz Schlaf finden könnten – für den Fall, dass die nächtliche Erholung doch mal gestört wurde.
Kontakt:
- Dr. Diana Romano, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Departement Soziale Arbeit
- Andrea Eggli, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Departement Soziale Arbeit
Literatur und weiterführende Links:
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- Hemmeter, U. M., & Penzel, T. (2020). Aktigraphie. Enzyklopädie der Schlafmedizin, 1-4.
- Krueger, G. P. (1989). Sustained work, fatigue, sleep loss and performance: A review of the issues. Work & Stress, 3(2), 129-141.
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- Van Heugten, K. (2011). Social work under pressure: How to overcome stress, fatigue and burnout in the workplace. Jessica Kingsley Publishers.
1 Kommentare
Ahoi
Danke für den Beitrag. Der stressige Alltag von pflegendem Personal wie Pflegehelfer Jobs oder Pflegefachfrau Stellen ist sicherlich nicht einfach. Daher sollten möglichst Ausgleichsfaktoren wie Sport oder sonstige Hobbies dem Stress entgegenwirken. Auch der Dank der zu Pflegenden oder deren Angehörigen ist sicherlich ein Aspekt, den man nicht ausser Acht lassen sollte. So schöpft man neue Energie für den Alltag.