Im Präventionsprojekt «wellguides.ch» werden junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren ausgebildet, um Gleichaltrigen in Workshops Wissen zur psychischen Gesundheit zu vermitteln und entsprechende Angebote vorzustellen. Erste Pilotdurchführungen sind vielversprechend.
Vielen Jugendlichen fällt es schwer, über Themen rund um psychische Gesundheit zu sprechen. Dies wäre jedoch wichtig, denn psychische Belastungen und Erkrankungen haben bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen gemäss den Zahlen der Schweizerischen Gesundheitsbefragung stark zugenommen. Dabei ist die Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen besonders betroffen: Der Anteil der jungen Menschen, die über mittlere bis hohe psychische Belastungen berichten, lag im Jahr 2022 bei 22 Prozent – 2017 waren es noch 14 Prozent.
Ein interdisziplinäres Team der Berner Fachhochschule und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft ZHAW will dieser Problematik mit einem Präventionsprojekt für nachobligatorische Schulstufen wie dem 10. Schuljahr oder Berufsschulen entgegenwirken. Das von ihnen entwickelte Projekt wellguides.ch verfolgt das Ziel, das Wissen von jungen Menschen über psychische Gesundheit zu erweitern, ihre Ressourcen im Umgang mit dem Thema zu stärken und Barrieren zu Hilfsangeboten abzubauen. Das Besondere daran: Das Wissen wird von Jugendlichen selbst, den sogenannten Wellguides, an Gleichaltrige, also ihre «Peers», weitergegeben. Das Kooperationsprojekt wurde vom interprofessionellen Expert*innenforum Psychische Gesundheit Jugend initiiert und wird von Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt.
«Also ich finde die ganze Intention des Projekts super. Ich bin der Meinung, dass man über psychische Gesundheit und psychische Erkrankungen sprechen sollte. Gerade die Themen, über die sonst nicht gesprochen wird. Um sich Hilfe zu holen, muss man zuerst wissen, was es für Angebote gibt. Und dies macht das Projekt eigentlich sehr gut.»
Gian*, Wellguide
Mit Partizipation und Peer-to-Peer die Zielgruppe erreichen
Das Konzept und die Inhalte des Projekts wurden unter Einbezug von Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwickelt. Das Angebot selbst wird in Form eines 90-minütigen Workshops von zwei jungen Wellguides durchgeführt. Dies bietet den Vorteil, dass die Inhalte auf die Lebenswelt der jungen Menschen abgestimmt sind und die Workshop-Teilnehmenden sich mit den gleichaltrigen Wellguides leichter identifizieren können.
Der Workshop in den nachobligatorischen Schulen besteht aus zwei Teilen: In einem interaktiven Input werden zuerst Grundlagen zur psychischen Gesundheit vermittelt. Darauf folgt ein 45-minütiger Postenlauf zu spezifischen Themen, wie beispielsweise «Stress bewältigen» oder «Hilfe holen». Das didaktische Konzept des Workshops verbindet dabei digitale und analoge Unterrichtselemente, wie Games und ansprechende Booklets.
Damit die Wellguides die Teilnehmenden kompetent durch den Workshop führen, werden sie vom Projektteam mit Präsenzunterricht an zwei Halbtagen darauf vorbereitet. Hinzu kommt ein Selbststudium mittels E-Learning-Modul.
Dass im Peer-to-Peer Ansatz grosses Potential liegt, zeigte sich bereits bei den ersten Pilotdurchführungen in den Kantonen Bern und Zürich. Die gesamte Evaluation des Projekts steht noch aus, die ersten Ergebnisse aus den Interviews mit den Wellguides sind jedoch vielversprechend.
«Ich finde das Peer-to-Peer-Konzept, dass man ähnlich alt ist, mega gut. Ich spüre auch fest, dass es wirklich funktioniert und eher Fragen gestellt werden. Ich zeige den Leuten gerne, dass es Möglichkeiten gibt, sich selbst zu helfen, und dass sie nicht alleine sind.»
Anja*, Wellguide
Mit grosser Motivation zur nachhaltigen Verankerung des Projekts
Falls die Evaluation der Pilotdurchführungen die Wirksamkeit und Akzeptanz bei der Zielgruppe bestätigt, wird nach Möglichkeiten gesucht, das Angebot längerfristig an Schulen zu integrieren und auf weitere Kantone auszuweiten. Die Grundlage für diesen nächsten Meilenstein ist mit der hohen Motivation der aktuellen Wellguides für das Thema und das Projekt bereits gesichert.
«Ich habe den Projektbeschrieb auf dem Wellguides-Flyer gelesen und das hat mich echt berührt. Ich habe sofort gewusst, dass dies ein Herzensthema für mich ist.»
Chiara*, Wellguide
* Die Namen der Wellguides wurden geändert.
Kontakt:
- Regina Jenzer, Dozentin, Institut Kindheit, Jugend, Familie
- Kevin Bitsch, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut Kindheit, Jugend, Familie
Projekte und Partner:
- Wellguides.ch
- Forschungsprojekt
- ZHAW Gesundheit, Institut für Public Health
- Expert:innen Forum Psychische Gesundheit Jugend
- Gesundheitsförderung Schweiz
Literatur und weiterführende Links:
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