Mehr Qualität im Kindesschutz dank standardisierter Abklärung

Foto: istock.com/Chinnapong

Der Kanton Zürich hat in allen Kinder- und Jugendhilfezentren (kjz) das Berner und Luzerner Abklärungsinstrument zum Kindesschutz eingeführt. Damit wird die Abklärung auf eine forschungsbasierte Grundlage gestellt und vereinheitlicht. Welches Fazit zieht die Projektleiterin Ladina Gartmann nach der Umsetzung?

 

Welche Aufgaben haben die Kinder- und Jugendhilfezentren (kjz) im Kindesschutz und wie arbeiten Sie mit den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) zusammen?

Die Kinder- und Jugendhilfezentren (kjz) sind dezentrale Einheiten und unterstützen die KESB als Mandatszentren etwa bei Gefährdungsmeldungen. Die KESB nehmen in solchen Fällen die Vorabklärungen vor und prüfen, ob eine unmittelbare Kindeswohlgefährdung vorliegt. Die Eltern werden über die Meldung sowie den vorgesehenen Verlauf des Verfahrens informiert und das kjz erhält einen formalen Abklärungsauftrag. Die Abklärungen führen in der Regel zwei Mitarbeitende durch, eine fallführende Fachperson aus der Sozialarbeit sowie – abhängig vom Alter der Kinder und den Fragestellungen – eine Fachperson der Mütter- oder Väterberatung, Erziehungsberatung oder eine zweite Fachperson der Sozialarbeit. Die Abklärungsphase wird durch einen Bericht mit Empfehlungen an die KESB abgeschlossen. Der Entscheid über Kindesschutzmassnahmen liegt in deren Verantwortung.

Ladina Gartmann, Amt für Jugend und Berufsberatung Kanton Zürich (AJB), Projektleiterin; Foto: Oliver Slappnig

Weshalb hat der Kanton Zürich das Berner und Luzerner Abklärungsinstrument zum Kindesschutz eingeführt und was sind die Vorteile?

Das Hauptanliegen war, die Qualität in den Abklärungsprozessen und -berichten zu sichern sowie gegebenenfalls zu erhöhen. Durch ein einheitliches und verbindliches Instrument sollte zudem der Abklärungsprozess besser strukturiert und homogener gestaltet werden. In einem Vorprojekt wurden vier verschiedene Modelle geprüft. Das Berner und Luzerner Abklärungsinstrument überzeugte dabei am meisten.

Der Aufbau des Instrumentes sowie die Unterteilung in Situationsanalyse und Gesamteinschätzung unterstützen die Abklärenden darin, zu einer rechtlich und sozialarbeiterisch begründeten und für die KESB nachvollziehbaren Beurteilung und daraus folgend zu stringenten Empfehlungen zu gelangen.

Zudem ermöglicht das Instrument, die Fälle im Kanton einheitlich zu beurteilen.

Was empfehlen Sie anderen Diensten für eine erfolgreiche Einführung eines Abklärungsinstruments?

Das Instrument strukturiert die Abklärung und gibt anhand der Merkmale die zu beantwortenden Fragen und Themen vor. Das Instrument liefert jedoch keine präzisen methodischen Anleitungen zu Haltungen oder Herangehensweisen. Es liefert insbesondere keine «Anleitung», wie die nötigen Informationen erhoben werden sollen. Eine gemeinsame Vorgehensweise ist aber essenziell, um eine einheitliche Anwendung des Instruments zu sichern. Daher empfiehlt es sich, die Einführung des Instrumentes in einen grösseren Prozess einzubinden, in dem insbesondere der bisherige Abklärungsprozess überprüft wird. Dies umfasst sowohl die Abläufe und Zuständigkeiten bei einer Abklärung als auch Haltungsfragen.

Die im Instrument aufgeführten Ankerbeispiele liefern den Abklärenden wichtige Hinweise auf Risikoindikatoren und unterstützen sie bei der Einschätzung der Merkmale.

Es empfiehlt sich daher, die Ankerbeispiele gut einzuführen, damit die Fachpersonen sie nutzen und von ihnen profitieren können.

Wie verlief bei Ihnen der Prozess der Einführung?

Die Einführung des Berner und Luzerner Abklärungsinstrumentes im Kanton Zürich war ein längerer Prozess. Nachdem die technischen Abklärungen positiv verlaufen waren, wurden die Schulungen für die kjz-Mitarbeitenden konzipiert und geplant. Da insgesamt 15 Kinder- und Jugendhilfezentren geschult werden mussten und dazwischen jeweils genug Zeit für allfällige Anpassungen eingeplant wurde, dauerten die Schulungen über ein halbes Jahr.

Welches waren die Herausforderungen bei der Einführung?

Die ersten Erfahrungen mit dem Instrument zeigten, dass in der Anwendung noch diverse Schwierigkeiten bestanden und verschiedene technische Probleme die Arbeit mit dem Instrument erschwerten. Das AJB nahm daher in Abstimmung mit den beiden Hochschulen verschiedene Anpassungen vor: So wurde zusätzlich die Erfassung mehrerer Kinder neugestaltet sowie die Berichtsvorlage weiterentwickelt.

Eine Voraussetzung für die Einführung des neuen Abklärungsinstrumentes war, dass es sich mit der Buchhaltungssoftware für die Klienten-Informationen verknüpfen lässt. Es musste erst eine Schnittstelle entwickelt werden, um die beiden Tools zu verknüpfen. Die neue Schnittstelle ermöglicht es, direkt im KLIB beim entsprechenden Klienten das Abklärungsinstrument zu starten. Zudem werden der generierte Abklärungsbericht sowie das fertig ausgefüllte Instrument am Ende des Abklärungsprozesses im KLIB abgelegt, was die Dokumentation sicherstellt.

Studie zur Qualität des Abklärungsinstruments

Der Einsatz des Berner und Luzerner Abklärungsinstruments zum Kindesschutz wird in einem mehrjährigen Forschungsprojekt untersucht, das der Schweizerische Nationalfonds finanziert. Ziel des Projekts ist es, die Qualität der Arbeit mit dem Instrument im Kanton Zürich zu evaluieren und die Veränderungen im Abklärungsprozess wissenschaftlich zu begleiten. Erste Resultate sind 2021 zu erwarten.

Software Berner und Luzerner Abklärungsinstrument zum Kindesschutz

Die weiterentwickelte Version der Software bringt zahlreiche Verbesserungen, so beispielsweise zusätzliche automatische Übertragungen in den Bericht und eine einfach handhabbare Word-Berichtsvorlage.

Weitere Informationen zum Instrument und den möglichen Lizenzen

 

Eine ausführlichere Fassung dieses Artikels finden Sie in der neuesten impuls-Ausgabe.


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