Die Digitalisierung, sich wandelnde Berufsbilder und Tätigkeiten machen auch vor der SBB nicht halt. Damit ihre Mitarbeitenden langfristig arbeitsmarktfähig und gesund bleiben, bietet die SBB eine regelmässige Standortbestimmung an. Dieser Boxenstopp fördert die persönliche und berufliche Weiterentwicklung. Der Pilot wurde von der BFH evaluiert.
In einer sich verändernden Arbeitswelt ist die Auseinandersetzung mit der persönlichen und beruflichen Situation zentral, um Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und einen passenden Umgang damit zu finden. Bei der SBB akzentuieren sich aufgrund der zahlreichen Monopolberufe und demografischen Entwicklung die Herausforderungen besonders. Daher startete sie das Pilotprojekt Boxenstopp: Ein präventives Angebot für alle SBB Mitarbeitenden, das mit regelmässigen Standortbestimmungen deren Gesundheit und Arbeitsmarktfähigkeit erhalten will. Dabei stellt der Boxenstopp bewusst Lebensphasen ins Zentrum. So werden Mitarbeitende bei besonderen Lebensereignissen, die eine persönliche Auseinandersetzung auslösen können, gezielt kontaktiert – zum Beispiel bei einem runden Geburtstag oder einer Hochzeit.
Die Teilnahme am Boxenstopp ist freiwillig und kostenlos. Die Anmeldung erfolgt aus eigener Initiative über eine Online-Plattform durch die Buchung eines passenden Termins. Ein Vorbereitungsauftrag zu den Themen Arbeitsmarktfähigkeit, Gesundheit und soziales Umfeld dient der Beratungsperson als Grundlage, um mit den Mitarbeitenden in ein, zwei Einzelgesprächen oder einem eintägigen Gruppenworkshop ihre Stärken und Handlungsfelder zu identifizieren sowie nächste konkrete Schritte zu erarbeiten. Hier erfüllt der Boxenstopp eine Triagefunktion zum bestehenden, breiten HR-Angebot der SBB. Für die Umsetzung der erarbeiteten Massnahmen sind die Mitarbeitenden selbst verantwortlich.
Die persönliche und berufliche Entwicklung steht im Zentrum
Das neue Angebot wurde in einer einjährigen Pilotphase zwischen Mai 2019 und April 2020 bei den SBB-Mitarbeitenden in Olten getestet und von der BFH im Rahmen des Projekts MOZART – Modelle für den zukünftigen Arbeitsmarkt 45+ evaluiert. In der Pilotphase wurde der Boxenstopp von Mitarbeitenden aus verschiedensten Berufskategorien und Qualifikationsniveaus in Anspruch genommen. Am häufigsten erfolgte aus Sicht der Teilnehmenden eine Anmeldung zu einem Boxenstopp aufgrund des Wunsches nach einer persönlichen oder beruflichen Weiterentwicklung oder Veränderung. Auch die reine Neugier am neuen Angebot war für viele ausschlaggebend. Schwierige persönliche Lebensumstände waren hingegen weniger relevant. Im Gegensatz dazu gaben die Boxenstopp-Beratenden an, dass in den Gesprächen vor allem die Themen Arbeitsmarktfähigkeit und psychische Gesundheit aufkamen.
Gute Noten für den Boxenstopp
Der Nutzen des Boxenstopps wurde von den Teilnehmenden stärker auf der persönlichen als auf der beruflichen Ebene gesehen. Dies hängt wohl auch mit dem Zeitpunkt der Evaluation zusammen, da sich ein beruflicher Nutzen erst längerfristig zeigen wird. In erster Linie motivierte der Boxenstopp die Teilnehmenden, sich aktiv mit ihrer Zukunft auseinanderzusetzen. Aber auch das Bewusstsein über eigene Stärken und Schwächen wurde von den Befragten als hilfreich betrachtet. Zudem wurde vielen klarer, dass sie selbst einen Beitrag zur Verbesserung ihrer Situation leisten können bzw. müssen.
«… das war für mich extrem wertvoll, hat dann auch wirklich Knoten gelöst und geholfen zu schauen, wo Stärken und wo Themen sind, auf die ich aufbauen kann und was mich in dieser Situation daran gehindert hat, das anzuschauen. Ich bin dann wirklich mit konkreten Schritten und Sachen herausgegangen, bei denen ich plötzlich wieder eine Perspektive gesehen habe.» Teilnehmerin eines Einzelgesprächs
Den Boxenstopp würden 90 Prozent der Befragten einer Arbeitskollegin oder einem Arbeitskollegen weiterempfehlen – sowohl zwei Wochen nach einer Teilnahme wie auch einige Monate später.
Wie geht es weiter?
Der in Olten durchgeführte Pilot bestärkte die Projektverantwortlichen, das Angebot mit den vier unterschiedlichen Beratungsformaten weiterzuführen. Das Erreichen von Mitarbeitenden aus unterschiedlichsten Berufskategorien, mit verschiedensten Qualifikationsniveaus und Dienstjahren mit all den individuellen Themen ist sehr erfreulich. Ebenfalls zeigte der Pilot, dass der Boxenstopp die Auseinandersetzung mit der eigenen Zukunft aktiviert und so die Eigenverantwortung und Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden fördert. Diese Kompetenzen sind in Zeiten einer sich rasch verändernden Arbeitswelt zentral. Voraussichtlich wird das neue Angebot Boxenstopp in der ersten Jahreshälfte 2021 schrittweise für alle Mitarbeitenden eingeführt.
Eine ausführliche Fassung dieses Artikels finden Sie in der neuesten impuls-Ausgabe
Kontakt:
- Prof. Dr. Peter Neuenschwander, Dozent, Departement Soziale Arbeit
- Corinne Scheiwiller, Fachspezialistin Gesundheitsschutz & Prävention, Schweizer Bundesbahnen SBB
Artikel und Berichte:
- Bennett, Jonathan; Marti, Michael; Neuenschwander, Peter (2020): Digitalisierung: Tausende SBB-Stellen von Veränderungen betroffen; In: Die Volkswirtschaft
- Bennett, Jonathan; Neuenschwander, Peter; Salm, Leonie; Streule, Thomas (2020): Den digitalen Wandel der Arbeitswelt aktiv gestalten; In; impuls 1/2020
- Neuenschwander, Peter; Scheiwiller, Corinne & Salm, Leonie Salm (2021): Boxenstopp: Das neue Angebot der SBB in einer sich verändernden Arbeitswelt; In: impuls 1/2021
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