Ein bedingungsloses Grundeinkommen scheint verlockend, die Argumente der Befürworter nachvollziehbar. Die Initiative birgt aber nicht nur Chancen. Insbesondere die Finanzierung wirft einige Fragen auf.
Europa schaut interessiert auf die Schweiz, welche am 5. Juni über ein bedingungsloses Grundeinkommen abstimmt. Denn die Grundidee ist nicht neu und andere Länder befassen sich ebenfalls mit der Thematik. Finnland will ab 2017 während zwei Jahren die Einführung eines Grundeinkommens in mehreren kleineren Pilotprojekten testen. Und auch in anderen Ländern (z.B. Kanada, Holland, Neuseeland) sollen solche Experimente durchgeführt werden, doch nirgendwo sind die Debatten so fortgeschritten wie in der Schweiz!
Im ersten Moment scheint das bedingungslose Grundeinkommen eine faszinierende Idee zu sein. Doch wie soll das funktionieren? Wer soll das bezahlen? Wird der Anreiz zum Arbeiten bestehen bleiben?
Auch wirtschaftliche Chancen
Wenn man sich vertieft mit dem Thema auseinandersetzt, kann man die Argumente der Befürworter durchaus nachvollziehen. Die Idee ist verlockend. Viele Vertreter aus der Wirtschaft zählen mittlerweile zu den Befürwortern eines bedingungslosen Grundeinkommens. Sie sehen darin eine Chance für mehr Innovation, mehr Unternehmertum, gesündere und motiviertere Mitarbeiter, höhere Produktivität und weniger Bürokratie. Eine erste repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts DemoSCOPE vom Januar 2016 zeigt zudem, dass ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung auch nach einer Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens wie bisher arbeiten würde.
Da durch das Grundeinkommen der Wert der Arbeit gemindert wird, könnten jedoch auf Dauer mehr Menschen aus dem Arbeitsmarkt aussteigen oder zumindest weniger arbeiten. Das Einkommen dieser Personen wäre dann nicht mehr durch ein Erwerbseinkommen gedeckt, was dazu führen könnte, dass die arbeitenden Menschen die Grundeinkommen der nichtarbeitenden Menschen zahlen müssten. In diesem Fall könnte die Initiative zu neuen Ungerechtigkeiten führen. Hinzu käme, dass das bedingungslose Grundeinkommen auch denjenigen zugutekäme, welche es gar nicht benötigen. Nicht nur der bisherige „Working Poor“-Arbeiter bekommt ein Grundeinkommen, sondern auch ein vermögendes Doppelverdiener-Ehepaar.
Der Knackpunkt liegt bei der Finanzierung
Das Hauptargument vieler Ökonomen gegen ein Grundeinkommen betrifft die Kosten. Die Befürworter der Initiative gehen zwar davon aus, dass die Finanzierung gewährleistet ist, da das Grundeinkommen kein zusätzliches Einkommen darstellt. Die Annahme der Initianten, dass ein Grundeinkommen keine Verhaltensänderungen verursachen werde und bei den staatlichen Einnahmen alles beim Alten bliebe, kann jedoch nicht garantiert werden.
Würden die ausfallenden Steuereinnahmen z.B. durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kompensiert, würde dies zu einer Erhöhung der Preise führen, was wiederum bedeutete würde, dass die Realeinkommen sänken. Damit müssten entweder das Grundeinkommen oder erneut die Mehrwertsteuer erhöht werden. Ein Teufelskreis! Die Ökonomen Florian Habermacher und Gebhard Kirchgässner von der Universität St. Gallen haben die Finanzierung genauer unter die Lupe genommen. Unter Berücksichtigung aller möglichen Verhaltensänderungen kommen sie zum Schluss, dass die Finanzierung schlichtweg nicht realisierbar ist.
Viele Konsequenzen des bedingungslosen Grundeinkommen sind noch unklar und das Risiko, das dadurch eingegangen würde, ist beachtlich. Solange noch keine gesicherten Resultate aus den aktuellen Pilotprojekten vorliegen, ist dessen Einführung daher eher ein waghalsiges Experiment.
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