Altersvorsorge muss sich neuen sozialen Risiken anpassen

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Bei der aktuellen Diskussion um die Altersvorsorge 2020 wird dem Aspekt der neuen sozialen Risiken und dem Beitrag der AHV zur Verhinderung von Altersarmut zu wenig Rechnung getragen. Dabei ist es wichtig, dass die Funktion der AHV als allgemeine Grundsicherung im Alter bewahrt bleibt.

Die Altersvorsorge in der Schweiz ist ein integrales Vorsorgesystem mit drei Säulen. Die AHV dient der allgemeinen Grundsicherung im Alter. Die berufliche Vorsorge in der zweite Säule sichert den sozialen Status, indem sie die Weiterführung der gewohnten Lebensweise garantiert, während die dritte Säule zusätzliche persönliche Ansprüche abdeckt. Weil diese drei Säulen unterschiedlich auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen reagieren und soziale Risiken in unterschiedlichem Ausmass abdecken, ist es sinnvoll, die Alterssicherung als integrales System regelmässig zu überprüfen und den neuen Bedingungen anzupassen.

Veränderte soziale Risiken

Digitalisierung, Globalisierung und die Erosion traditioneller Familienmodelle führten in den letzten Jahrzehnten zu neuen Risiken für die Altersvorsorge. Veränderte Berufsprofile, prekäre Arbeitsbedingungen oder Scheidungsfolgen können gerade bei jüngeren Generationen zu Lücken bei der Altersvorsorge führen. Bereits in den 2000er Jahren stieg der Anteil von neuen AHV-Rentner/-innen, die Ergänzungsleistungen beziehen, von 5.7% auf 8.6%, womit das Risiko von Altersarmut in den vergangenen Jahren nachweislich zunahm. Ursachen dazu liegen in tiefen Erwerbseinkommen, vermehrten Erwerbsunterbrüchen oder in einem geringen Erwerbsumfang. Besonders davon betroffen sind Ausländerinnen und Ausländer, Personen ohne Berufsausbildung, Unverheiratete und Frauen.

Grosse Rentenunterschiede zwischen Männern und Frauen

Im Durchschnitt sind die gesamten Altersrenten der Frauen um 37% tiefer als die Renten von Männern. Die grossen Unterschiede ergeben sich durch die beruflichen Vorsorge. Wegen der geringeren Erwerbsbeteiligung aufgrund der Rollenteilung in der Familie und den geringeren Löhnen haben Frauen häufig nur eine kleine oder in 45% aller Fälle gar keine berufliche Vorsorge. Die AHV trägt diesem Umstand durch Erziehungsgutschriften und Einkommenssplitting Rechnung. Personen mit tieferem Einkommen oder Betreuungsaufgaben sind dadurch viel besser abgedeckt, weshalb es bei der AHV praktisch keine Unterschiede zwischen den Renten von Männern und Frauen gibt. Daher hat die AHV für die Altersvorsorge von Frauen auch einen viel grösseren Stellenwert: Der Anteil der AHV an der gesamten Altersrente beträgt bei den Frauen 79% bei den Männern jedoch nur 57%.

Benachteiligte Gruppen brauchen eine starke AHV

Zwischen den Renten der ersten und zweiten Säule gibt es somit erhebliche Unterschiede. Neben den Frauen sind in der AHV auch bildungsmässig benachteiligte Gruppen vergleichsweise gut gestellt. Sofern der jährliche Mindestbetrag geleistet wird, wirken sich Erwerbseinkommen und Erwerbsunterbrüche weniger auf die Rente aus. Demgegenüber hat bei der 2. Säule die Erwerbsbiographie einen starken Effekt auf die Pensionskassenrente. Kinderbetreuung und fehlende berufliche Ausbildung wirken sich stark negativ auf die Rente der 2. Säule aus. Benachteiligte Gruppen sind somit bei der AHV viel besser abgedeckt, womit diese einen gewissen Ausgleich zwischen privilegierten und weniger privilegierten Gruppen leistet. Zur besseren Absicherung von neuen sozialen Risiken für die Altersvorsorge ist eine Stärkung der AHV, wie sie die Reform 2020 vorsieht, somit sinnvoll. Zudem werden Personen mit einem tiefen Lohn oder einer Teilzeitanstellung mit der veränderten Regelung bei der beruflichen Vorsorge – z.B. dem flexiblen Koordinationsabzug – in der zweiten Säule besser abgesichert.

AHV als Grundsicherung bewahren

Damit die AHV ihre Funktion als Grundsicherung wahrnehmen kann, muss sie auch in Zukunft einen substantiellen Teil des Mindestbedarfs abdecken. Dies kann daran gemessen werden, welchen Anteil des letzten Einkommens durch die AHV ersetzt wird. Da die AHV-Renten nicht vollständig der Lohnentwicklung angepasst werden, nimmt dieser Anteil permanent ab. Deshalb sank der Anteil des Einkommens, welcher durch die AHV ersetzt wird von 1980 bis 2014 um 9%. Damit die AHV ihre Funktion als Basissicherung erhalten kann, braucht es deshalb periodisch eine Korrektur. Mit der Erhöhung der AHV um 70 Franken wird die sinkende Ersatzquote teilweise kompensiert und die Alterssicherung für mittlere und kleine Einkommen verbessert. Damit wird den neuen sozialen Risiken teilweise Rechnung getragen und das Risiko gemindert, dass Personen benachteiligter Gruppen im Alter unter Armut leiden.

 


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